Zum eigenen Anliegen machen

Organisator Wolfgang Werner wollte mit der Großveranstaltung ‹Grundeinkommen ist machbar› dem Thema Grundeinkommen den Raum geben, den es verdient und hatte dafür am 29. Januar die Eilenriedehalle des Kongresszentrums Hannover gemietet. Von 3000 Eingeladenen waren 600 gekommen.

Wolfgang Werner zitierte einleitend die Worte von Anselm Grün: «Gemeinschaft braucht den Atem der Weite und Freiheit, […] damit das gemeinsame Schaffen fruchtbar sein kann.» Diese Grundstimmung brachte die verschiedenen Initiativen und Beiträge auf einen Nenner: Dass wir es sind, die das Grundeinkommen machbar machen (müssen). Oder, um mit Götz Werners Worten zu sprechen: «Je länger es dauert, desto zwingender kommt es!»

Hans Mönninghoff, Wirtschafts- und Umweltdezernent, einziger prominenter Vertreter aus der Politik bei der Veranstaltung, versicherte: «Ich bin für das Grundeinkommen, wenn auch nicht für das bedingungslose...» In ihren Beiträgen vertraten die vier Referenten eindrücklich ihre Thesen. So forderte Götz Werner Selbstaktivität ein, indem er sagte, dass neue Ideen Menschen brauchen, die sich darauf einlassen. Es wäre wunderbar, sagte Werner, wenn die Anwesenden mit zahlreichen Fragen zur Machbarkeit des Grundeinkommens nach Hause gehen und diese zu ihrem persönlichen Forschungsthema machen würden. Denn diese Idee müsse in den gesellschaftlichen Diskurs!

Zu den eigentlichen Fragen kommen

Auch die Ökonomin Ute L. Fischer von der Technischen Universität Dortmund appellierte unter der Devise «Raus aus dem Hamsterrad» für einen Neuanfang. Viele Menschen müssen heute inakzeptable Arbeitszeiten, -wege und -bedingungen akzeptieren, Hauptsache sie haben Arbeit. Nur wenige fragen sich: Passt diese Arbeit zu mir? Habe ich Freude daran? Was nützt uns Reichtum, wenn wir nicht zu den eigentlichen Fragen kommen! Ein Grundeinkommen würde uns den Freiraum für gemeinnützige Anliegen eröffnen, für Nichtstun, Muse, Besinnung, neue Ideen.

Und Sascha Liebermann von der Initiative ‹Freiheit statt Vollbeschäftigung› stellte etwaigen Einwände gegenüber: Freiheit sei nicht nur ‹negativ› zu verstehen als Freiheit von etwas. Es gehe vielmehr um die Möglichkeit, etwas zu gestalten, denn die Freiheit für etwas kennen viele gar nicht. Ein Grundeinkommen würde uns zwar von Existenzängsten befreien, nicht aber von der Frage: Was wollen wir machen mit unserer Freiheit? Alle Menschen sollten die Chance bekommen, Erfahrungen ihrer Wahl zu machen, auf neuen ungewissen Wegen zu gehen, Scheitern inbegriffen.

Autorität von 600 Menschen

Gerald Häfner, Gründer der Bürgeraktion ‹Mehr Demokratie›, verwies auf die Formulierung «Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus» im Grundgesetz von Deutschland. Wir müssten lernen, uns über die brennenden politischen Themen zu informieren, damit wir alle die richtigen Entscheidungen treffen können. Dafür sei nötig, sich mit so vielen Menschen wie möglich über die großen Fragen des Lebens auszutauschen!

Susanne Wiest erzählte, was sie zur Einreichung ihrer Petition beim Deutschen Bundestag zum bedingungslosen Grundeinkommen veranlasst hatte. Zum Zeitpunkt des Kongresses hatten 4500, bis Redaktionsschluss fast 9000 Menschen unterzeichnet. Der engagierte Austausch im Forum zeugte von der inspirierenden Auswirkung dieser politischen Initiative. Man mag sich streiten darüber, ob Großveranstaltungen dieser Art dem Thema förderlicher sind als die kontinuierliche Beschäftigung damit in kleineren regionalen Arbeitsgruppen. Vielleicht geht es gar nicht um ein Entwederoder. Unbestreitbar ist, dass nichts aufzuwiegen ist mit der Autorität von 600 Menschen, die sich ernsthaft der Frage stellen: Wenn nicht wir, wer dann?

Tagung ‹Grundeinkommen ist machbar›